Am Ende des Vortragsabends verbreitete sich im IP-Zentrum in Maisenbach die Nachricht, dass ein Angriff des Iran begonnen hatte, Kampfdrohnen seien im Anflug auf die Heimat von Liora Eilon und Danielle Mor. Die beiden Frauen aus Israel telefonierten mit ihren Angehörigen und machten sich große Sorgen. Über ein halbes Jahr nach dem schrecklichen Massaker der Hamas am 7. Oktober 2023 ist für die Israelis das alles noch nicht vorbei! Steht sogar noch Schlimmeres bevor?
Liora Eilon lebte bis zu jenem Tag im Kibbuz Kfar Aza in der Nähe des Gazastreifens, In Begleitung von Danielle Mor von der Jewish Agency war sie aus Israel angereist, um von ihren alptraumhaften Erlebnissen am 7. – und am 8. – Oktober zu erzählen: 36 Stunden verbrachte sie mit einem Teil ihrer Familie im Schutzraum ihres Hauses.
Solche Schutzräume sind ein Muss innerhalb der Reichweite von Raketen der Terrororganisationen in Israels unmittelbarer Nachbarschaft. Um 6.50 Uhr kam am 7. Oktober – einem Feiertag – die Meldung, dass Terroristen in den Kibbuz eingedrungen seien. Die Bewohner wurden angewiesen, ihre Schutzräume aufzusuchen und die Türgriffe festzuhalten; abschließbar sind diese Räume nämlich nicht, denn vorgesehen waren sie eigentlich nur zum Schutz vor Raketen.
Gegen 10.30 Uhr zersplitterte Glas, Liora und die vier anderen Bunkerinsassen hörten arabische Rufe. Es wurden Schüsse abgefeuert – über eine lange Zeit. Dann hatten endlich israelische Soldaten – vorübergehend – die Oberhand gewonnen und errichteten ein notdürftiges Lazarett im Haus. An Rettung der Eingeschlossenen war noch nicht zu denken, denn die Lage im Kibbuz war alles andere als unter Kontrolle.
Lioras 15-jährige Enkelin Gali erklärte dem Spezialkommando die Situation im Ort, zeigte die Unterkünfte anderer Schutzsuchender auf Google Maps und leitete Meldungen aus der Kibbuz-WhatsApp-Gruppe weiter, auch später, als die Soldaten wieder aus Lioras Haus abrückten.
Im Laufe des Tages gab es weitere brenzliche Situationen: eine Handgranate wurde gegen das stahlgeschützte Fenster geworfen, detonierte jedoch nicht. Die Eingangstür hielt Schüssen der Hamas-Angreifer stand, später fiel die Elektrizität aus, im Schutzraum herrschte Dunkelheit. Irgendwann kehrten Soldaten ins Haus zurück, die Bewohner konnten schnell auf die Toilette gehen. Überall in den Zimmern war Blut! Da die fünf Hausbewohner in relativer Sicherheit waren, verließen die Soldaten ein weiteres Mal das Haus, um anderen zu helfen.
Erst am nächsten Tag gegen 14 Uhr erhielt Enkelin Gali den erlösenden Anruf: Nun würde man die Familie evakuieren! Doch im Haus hatten sich offenbar Terroristen verschanzt und die Flucht geschah im Spalier der Soldaten unter Feuerschutz. Als Liora und die Ihren in einem Fahrzeug in Sicherheit waren, richtete ein Panzer seine Kanone auf das Haus und zerstörte es mitsamt den möglicherweise verbliebenen Terroristen.
Nach 36 Stunden waren die Bewohner des Hauses endlich gerettet. Der Sohn Lioras, Tal Eilon, war allerdings ums Leben gekommen. Er starb als Held, wie seine Mutter betonte. Der Kommandeur der zivilen Schutzeinheit von Kfar Aza wurde beim Ansturm der Übermacht feindlicher Terroristen verwundet. Durch entsprechende Anweisungen, auch an die Verantwortlichen des Nachbar-Kibbuz, konnte er möglicherweise sehr vielen Israelis das Leben retten. Dann erlag er seinen Verletzungen.
Die 71-jährige Liora Eilon hat vieles verloren: ihren Sohn, ihr Haus, ihre Heimat. Die Überlebenden von Kfar Aza sind seit über einem halben Jahr an anderen Orten untergebracht. Israel sei ein Land der Vertriebenen und Evakuierten, erklärte Danielle Mor, die einige Hintergrundinformationen weitergab. Eine offene Wunde klaffe zwischen den Israelis, solange immer noch Geiseln im Gazastreifen seien. Wenn sie den Frühling im Schwarzwald erlebe, sei dies ein sehr starker Kontrast zur Stimmung in Israel, wo man nicht wisse, wie es weitergeht. Zerknirscht bekannte sie: »Die aufblühende Natur hier würde ich am liebsten anschreien: Stopp!«
Liora Eilon und Danielle Mor sehen es als ihren Auftrag, zu berichten, was geschah. Auf Einladung der Organisation »Christen an der Seite Israel«, die gemeinsam mit dem Hilfswerk »Zedakah« diese Veranstaltung durchführte, sind die beiden Frauen nach Deutschland gekommen und werden weitere Vorträge in den Niederlanden halten und Freunden Israels begegnen. Die über 170 Anwesenden – und etwa 300 Livestream-Teilnehmer – wurden aufgerufen, das Überlebenszeugnis von Liora Eilon bekannt zu machen und die Wahrheit über den Krieg weiterzusagen, der Israel aufgezwungen wurde.
Mit einem Gebet nach Jesaja 61 endete der Abend mit Worten des Trostes, Gott möge die Gefangenen befreien und die Trauernden trösten. Nach dem bewegenden Abend und den Nachrichten vom Angriff auf Israel gingen wohl viele der Anwesenden mit dem Vorsatz nach Hause, für Israel zu beten. Am nächsten Morgen waren die Drohnen und Raketen aus dem Iran erfolgreich abgewehrt – von Israels Militär und der Unterstützung von Verbündeten. Und sicherlich nach dem Empfinden der betenden Israelfreunde: mit der Hilfe Gottes.
Liveübertragung aus dem iP-Zentrum in Maisenbach bei Bad Liebenzell.
Der auf dieser Seite wiedergegebene Artikel von Timo Roller ist zuerst im Schwarzwälder Boten erschienen.