Papierblatt – Holocaust-Überlebende berichten

Kapitel 36.4

Die ergebnislose Suche nach Verwandten

Wenn Mordechai Urlaub nehmen konnte, fuhr er nach Tel Aviv. Er hatte dort Bekannte seiner Eltern aus Radom ausgemacht, bei denen er wohnen konnte. Ihm gefiel die große, moderne, jüdische Stadt. Wenn er hier war, machte er sich immer wieder auf die Suche nach entfernten Familienangehörigen. Mordechai wusste, dass der Cousin seiner Mutter, Mosche Leib Rozencwajg, der seit seiner Jugend Zionist war, bereits 1919 mit einer Jugendorganisation nach Palästina ausgewandert war und irgendwo in einem Kibbuz lebte. Anfang der 1930er Jahre war er nach Rumänien und Polen geschickt worden, um europäische Juden für ein Leben in Palästina vorzubereiten (Hachschara). 1933 hatte Mosche seine Familie in Radom besucht, worauf seine Mutter, die inzwischen verwitwet war, und seine Schwester mit ihm nach Palästina gezogen sind. Mosche Leib Rozencwajg war inzwischen verheiratet und hatte selbst Kinder. Irgendwo im Land mussten sie sein. Mordechai suchte und suchte, aber fand keine Spur von ihnen. Oder waren sie weitergezogen? Vielleicht nach Amerika?

Zum ganzen Kapitel:
Familiengeschichte. Gemäß einer Niederschrift von Dina Bracher-Rozencwajg 1988/89, 8 Seiten, maschinenschriftlich verfasst, Hebräisch, Privatbesitz Mordechai Papirblat; Übersetzung Martina Judt.

Autor: Thorsten Trautwein, 04.08.2020