Ella Liebermann-Shiber
Erinnerungen aus dunkler Vergangenheit
Texte und Zeichnungen einer Holocaust-Überlebenden im Kontext ihres Lebens und Gesamtwerks
Herausgegeben von Zedakah e.V. und Thorsten Trautwein
Edition Papierblatt Band 4, J. S. Klotz Verlagshaus, Neulingen 2022. ISBN 978-3-948968-86-1
Eine Rekonstruktion der Hölle: Kurz nach ihrer Befreiung aus der Gewalt der Nationalsozialisten begann Ella Liebermann-Shiber ihr Erlebtes in Zeichnungen darzustellen. Es ist ein erschütterndes Zeugnis der Verbrechen entstanden, die an Jüdinnen und Juden begangen wurden. Dieser Bildband enthält die Serie von 93 Zeichnungen mit Begleittexten. Sie dokumentieren Ausgrenzung, Ghetto und Konzentrationslager – und waren zugleich für die Künstlerin eine Form der Therapie, um ihre traumatischen Erfahrungen zu verarbeiten.
Seit 60 Jahren hat das Hilfswerk Zedakah e.V. diese Bilder in mehreren Auflagen herausgegeben. Die hochwertige Neuausgabe enthält darüber hinaus Artikel über die Bedeutung der Zeichnungen als »Kunst des Holocaust«, eine ausführliche Biografie der Künstlerin sowie vielfältige Informationen über den historischen Hintergrund der Zeichnungen und Texte. Die Kinder Liebermann-Shibers haben wertvolle Auskünfte erteilt und Dokumente zur Verfügung gestellt. Zudem wurde Archivmaterial erstmals ausgewertet.
Tabellarischer Lebenslauf von Elli Liebermann-Shiber
29.07.1923
Geburt in Berlin
24.04.1930
Einschulung, Jüdische Mädchenschule Berlin
11.09.1938
Schulaustritt, ein halbes Jahr vor Abschluss der 8. Klasse
1938
Ausweisung aus Deutschland, Übersiedlung nach Bedzin/Polen
01.09.1939
Beginn Zweiter Weltkrieg, deutscher Angriff auf Polen
04.09.1939
Besetzung Bedzins durch deutsche Truppen, Massaker
Juli 1940
Errichtung des Ghettos in Bedzin
14.07.1942
Deportation des Bruders Alexander in ein Arbeitslager; möglicherweise Ermordung im KZ Auschwitz (1944?)
03.09.1942
Deportation der Schwester Berta in ein Arbeitslager
13.01.1944
Deportation ins KZ Auschwitz-Birkenau, Zwangsarbeit
Januar 1944
Ermordung des Vaters Schia und des Bruders Leo im KZ Auschwitz-Birkenau
18.01.1945
Todesmarsch aus Auschwitz-Birkenau mit Mutter Rosa
02.02.1945
Ankunft im Frauen-KZ Ravensbrück Mitte März 1945 Todesmarsch ins KZ-Außenlager Neustadt-Glewe
02.05.1945
Befreiung durch die Rote Armee, Rekonvaleszenz Nach Bydgoszcz, Polen; hier entstehen 1945/46 die ältesten erhaltenen Zeichnungen mit Motiven aus dem Konzentrationslager
Okt. 1945
Elli Liebermann und Emanuel Shiber lernen sich kennen
Nov. 1945
Verlobung
12.02.1946
Hochzeit; die Heiratsurkunde ist das älteste erhaltene Dokument mit dem Geburtsjahr 1927, das sie konsequent bis zu ihrem Tod beibehält
27.04.1946
Lodz (Widmung auf Zeichnung)
Mai 1946
Emanuel tritt aus der Armee aus
23.05.1946
Auswanderung aus Polen, Alija
02.08.1946
DP-Lager Fridolfing, Landkreis Laufen, Oberbayern; Wiedersehen mit Schwester Berta und ihrem Mann Israel Londner
16.12.1946
Obersalzberg, Berchtesgaden, Deutschland
01.03.1947
Abfahrt von Port-de-Bouc, Frankreich auf der „Ben Hecht“
09.03.1947
Die „Ben Hecht“ wird vor Haifa von den Briten aufgebracht
12.03.1947
Internierung auf Zypern, Larnaka, Winterlager 66 Teilnahme an einem Kunst-Kurs von Naftali Bezem
21.04.1948
Abfahrt von Zypern Zuweisung einer Wohnung in Kfar Ata, einem Vorort von Haifa
14.05.1948
Staatsgründung Israels
27.05.1948
Geburt der Tochter Ada
1948
Fertigstellung der Serie der 93 Zeichnungen
1949
Geburt des Sohnes Jehoshua (Joshua)
1950
Erste Ausstellung der Serie, Kino in Haifa
1952
Zweite Ausstellung der Serie, Museum Lohamei Hagetaot; sie vermacht ihre Zeichnungen dem Museum
1950er
Mögliche Entstehungszeit der Texte zu den Zeichnungen
1953
Geburt des Sohnes Shmuel (Samy)
1957
Geburt des Sohnes Alexander
1961
Erste Publikation der Zeichnungen durch den Christlichen Hilfsbund e.V. (heute Zedaka e.V.); Titel „Erinnerungen aus dunkler Vergangenheit“
1976
Tod Rosa Liebermann
1979
Studium Universität Haifa: Malerei, Grafik und Skulptur. Sie unterrichtet Malerei
1984
Schlaganfall. Abbruch des Studiums
1985
Auszeichnung mit der „Nationalen Kämpfer-Medaille“
1992
Publikation der Zeichnungen durch Beit Lohamei Haghetaot; Titel: „On the Edge of the Abyss“
Oktober 1992
Polenreise, Besuch in Auschwitz-Birkenau
Mai 1997
Polenreise, Besuch in Auschwitz-Birkenau, Empfang durch den Museumsdirektor Jerzy Wroblewski
02.03.1998
Tod Elli Liebermann-Shibers
1998
Ehrung posthum mit der Verdienstmedaille des Staates Israel
2008
Tod des Sohnes Jehoshua (Joshua)
01.05.2010
Emanuel Shiber spricht anlässlich des 50-jährigen Jubiläums von Zedakah e.V. in Bad Liebenzell-Maisenbach
2011
Tod Emanuel Shibers (geb. 1919)
Interview mit Emanuel Shiber 2010
Im Alter von 90 Jahren erzählt Emanuel Shiber am 1. Mai 2010 in Bad Liebenzell-Maisenbach aus seinem Leben, wie er seine Frau kennengelernt hat und von der Vorgeschichte der ersten Publikation der Serie der 93 Zeichnungen. Das Interview führt Hans Bayer, der damalige Leiter der Arbeit von Zedakah e.V. in Israel. Anlass ist das 50-jährige Jubiläum des Dienstes von Zedakah e.V. an Holocaust-Überlebenden in Israel. Die Angaben unterscheiden sich teilweise von früheren Informationen. Audio, 5 Min.
Liebermann-Shiber 2010, überarbeitet 2022
Ella Liebermann-Shiber (1923/27-1998):
Am Rande des Abgrunds. Erinnerungen aus dunkler Vergangenheit
In 93 Zeichnungen und zugehörigen Texten hat die junge Frau ihre schrecklichen Erlebnisse im Ghetto, im Frauen-Konzentrationslager Auschwitz und auf dem Todesmarsch verarbeitet. Entstanden ist eine einzigartige, berührende und verstörende Dokumentation des Holocaust.
Das Video zeigt die Zeichnungen. Der begleitende Text wird von Liebermann-Shiber selbst gesprochen. Das Audio stammt von einer Tonbandaufzeichnung aus dem Winter 1960/61 in Naharija/Israel; Dauer 50 Min.